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ein Film von Romed Wyder

Schweizer Shooting-Star spielt einen zionistischen Killer

von Richard Herold

www.srf.ch

1947 kämpfen jüdische Widerständler in Palästina unter britischer Besatzung für einen eigenen Staat. Einer von ihnen soll bis zum Morgengrauen eine britische Geisel erschiessen. Die internationale Koproduktion «Dawn» mit Joel Basman in der Hauptrolle überzeugt mit bis heute gültigen Fragestellungen.

Längst ist er hoffnungslos festgefahren, der Nahostkonflikt. Gut und Böse sind dabei – der jeweiligen politischen Sichtweise entsprechend – klar verteilt. Die alttestamentarische Regel «Aug‘ um Aug‘, Zahn um Zahn» bestimmt den Alltag zwischen den israelischen Besatzern und den verdrängten Palästinensern.

Wer ist sich dabei bewusst, dass nach dem Zweiten Weltkrieg jüdische Widerstandskämpfer ihrerseits mit Gewalt für einen eigenen Staat Israel kämpften? Eine spannende historische Konstellation, von Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel zum Roman verdichtet, und nun vom Schweizer Regisseur Romed Wyder mit internationaler Besetzung verfilmt.

Joel Basmans Vater ist Israeli. So war der 25-Jährige sofort erste Wahl, als ein junger, Hebräisch sprechender Schweizer gesucht wurde. Jüngst als bester Nebendarsteller mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet, hat Basman hier einen weiteren grossen Auftritt: Elisha schliesst sich mit 19 dem jüdischen Widerstand an, nachdem er seine Familie in den Konzentrationslagern der Nazis verloren hat.

Das stärkste Zitat

Elisha wurde dazu bestimmt, eine Geisel zu erschiessen und hadert mit seinem Gewissen. Gad, der Kommandant der jüdischen Widerstandszelle, versucht ihn auf der Linie zu halten: «Zerbrich dir nicht den Kopf, Elisha. Das ist ein Krieg. Du weisst es. Du hast dafür trainiert.» Worauf Elisha klar entgegnet: «Das ist kein Krieg. Es ist Mord.»

Der Regisseur

Der 48-jährige Briger Romed Wyder arbeitet seit 1990 als Regisseur und Produzent in Genf. In seinem ersten Dokumentarfilm «Squatter» tauchte er in die Hausbesetzerszene ein. «Dawn» ist sein vierter Kinofilm. Ein Stoff, den Wyder schon lange mit sich trug, dessen Finanzierung in der Schweiz aber immer wieder scheiterte. Als internationale Koproduktion konnte der Film schliesslich doch noch realisiert werden. Und dieser verdankt er auch den Auftritt einiger hervorragender Schauspieler, wie Sarah Adler («Marie Antoinette»), Rami Heuberger («Schindlers Liste») oder Jason Isaacs («Harry Potter»).

Fakten, die man wissen sollte

Die Geschichte spielt in Palästina im Jahr 1947, zur Zeit des Britischen Mandats. Die Zionisten kämpfen für die Errichtung eines jüdischen Staats. Ein Mitglied des bewaffneten jüdischen Untergrunds wurde von den britischen Behörden zum Tode verurteilt. Im Gegenzug kidnappte der Widerstand einen britischen Offizier, um ihn gegen ihren Freund einzutauschen. Eine Nacht lang warten die Rebellen auf den Ausgang der Verhandlungen. Wenn die Briten den Zionisten im Morgengrauen hängen, werden die Widerstandskämpfer ihre britische Geisel erschiessen.

Das Urteil

«Dawn» ist ein psychologisches Kammerspiel mit einem tollen Schauspiel-Ensemble. Nur in einigen Rückblenden verlässt der Film den engen Rahmen des jüdischen Widerstandsverstecks. So gelingt eine hintersinnige Reflexion über Loyalität und Menschlichkeit im Kampf um die vermeintlich richtige Sache. Heute bekämpfen die Palästinenser Israel mit demselben Anliegen für einen eigenen Staat. Daran anknüpfend, stellt der Film die immer noch vorherrschende Mentalität des «Aug‘ um Aug‘, Zahn um Zahn» in Frage. «Wir verhandeln nicht mit Terroristen», sagten damals die Briten zu den jüdischen Widerstandskämpfern. Heute verwenden die Israeli denselben Satz gegenüber den Palästinensern.